Nachhaltige Altersvorsorge – noch auf holprigen Wegen
Mobilisierung von Investorengeldern für einen Umbau der Wirtschaft
Nachhaltiges Wirtschaften hat durch einen Aktionsplan der EU-Kommission aus dem März 2018 einen zusätzlichen Impuls erhalten. Unter dem Eindruck des Klimawandels soll die Wirtschaft durch Innovationen so umgebaut werden, dass die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht eingeschränkt werden. Im Fokus stehen vor allem Projekte, mit denen die Dekarbonisierung, also vor allem der Verzicht auf kohlenstoffbasierte Energieträger, und die Schonung der Ressourcen vorangetrieben werden. Die notwendigen Gelder sollen vor allem Banken, Fondsgesellschaften und Versicherungsunternehmen mobilisieren.
Engagierte Kundinnen und Kunden fragen uns zunehmend nach Altersvorsorge mit einem positiven Einfluss (Impact) auf dem Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaft.
Gefahr des „Greenwashings“
Ratingagenturen haben frühzeitig erkannt, dass sie mit entsprechenden Qualitätssiegeln wichtige Entscheidungsgrundlagen liefern können. Auch wir als Versicherungsmakler müssen unser Urteil in diesem komplexen Themenfeld auf Ratings stützen. Zurzeit fehlt es allerdings noch an einer verbindlichen Klassifikation „grüner“ Investments. Halten die gängigen Gütesiegel, was Verbraucherinnen und Verbraucher sich von ihnen erhoffen?
Die meisten Qualitätssiegel ohne Impact
Studien zeigen, dass dies bisher sehr oft nicht der Fall ist. Nachhaltige Investmentfonds basieren auf Best-in-Class-Ansätzen. Das bedeutet Folgendes: Ratingagenturen (zum Beispiel MSCI) bewerten eine Grundgesamtheit von Unternehmen (zum Beispiel MSCI World) bezüglich deren Nachhaltigkeitsrisiken. Die Unternehmen werden unterschiedlich strengen Gruppen zugeordnet. Sparerinnen und Sparer können dann entscheiden, ob sie zum Beispiel nur auf die schlechtesten Unternehmen verzichten, auf die bessere Hälfte setzen oder das beste Viertel wählen.
Aber gerade eines erreichen Sparerinnen und Sparer damit nicht: Sie stellen kein Kapital für den notwendigen Umbau der Wirtschaft bereit. Denn Profiteure der bestehenden Ratings sind die bereits modern aufgestellten Unternehmen, wie Softwarehäuser (SAP), Plattformunternehmen (Zalando) sowie Industrieunternehmen ohne kritisches Bestandsgeschäft (SMA Solar). Sie erhalten im Zweifel ein Nachhaltigkeitssiegel und damit einen einfachen Zugang zu günstigen Krediten und frischem Kapital. Unternehmen, die den Weg der Transformation eingeschlagen, aber noch nicht abgeschlossen haben, erhalten in dieser Ratingpraxis die rote Karte und nur zu erheblich erschwerten Bedingungen die dafür notwendigen Finanzmittel. Ein Beispiel dafür ist der ThyssenKrupp-Konzern, der die Stahlproduktion künftig mit grün produziertem Wasserstoff führen will und dafür sehr teure Investitionen tätigen muss.
Grüne Patente als Wegweiser erfolgreicher Transformation
Beachtenswert finden wir einen Ansatz von Beck und von Reuss1. Ihre These: Unternehmen mit vielen grünen Patenten sind die erfolgreichen Treiber der Transformation zu einer nachhaltigen Weltwirtschaft. Alle Patente werden von Experten klassifiziert und weltweit veröffentlicht. Das ist die Grundlage für neue Erfindungen und zusätzliche Transformationen. Patente lassen sich hinsichtlich relevanter, technischer Lösungen für die brennenden ökologischen Fragestellungen objektiv auswerten – eine optimale Grundlage für ein Nachhaltigkeitsrating mit Impact. Jetzt fehlen nur noch Investmentgesellschaften, die diesen Ansatz für Indexfonds oder sonstige Investmentfonds in den Markt bringen. Solche Angebote könnten einen wichtigen Platz bei einer nachhaltigen Altersvorsorge einnehmen.
Unsere Vorsorge-Expertinnen und -Experten beantworten gerne Ihre Fragen.
1Dr. Andreas Beck, Lucas von Reuss: Grüne Geldanlagen nur für Farbenblinde? Von ESG zu ESGI – Die 50 führenden Unternehmen auf dem Weg zu einer nachhaltigen Weltwirtschaft, ESGI-Index.com, eBook Abruf am 23.07.2022