Life Sciences: Reiten wir die lange Welle!

Nach der Theorie der Langen Wellen befinden wir uns derzeit im 6. Kondratieff, einem langfristigen Konjunkturzyklus, der geprägt ist von Umwelt, Gesundheit und Biotechnologie als treibenden Kräften.

 „Wachstum wird künftig wohl aus einer neuen Mischung von Ökonomie, Ökologie und gesellschaftlichem Engagement generiert. ,Eco-Trends‘ heißt der künftige Strukturwandel der Wirtschaft.“ Das schrieb die Kapitalanlagegesellschaft Allianz Global Investors schon 2010. Betrachtet man die aktuell diskutierten Themen, sind wir offenbar in dieser Zukunft angekommen: 

Mit Wellen, nein, eigentlich mit Strahlen, hat Peter Dehn zu tun. Er ist Geschäftsführer der Proton International Germany. Das Unternehmen will die Protonentherapie für Krebspatienten als Ergänzung zur seit Jahrzehnten erprobten Strahlentherapie weiter etablieren. Neue Optionen für die Patienten zu liefern, darin sieht Proton International seine Mission. 

Wir als deas wollen ebenfalls neue Optionen schaffen – zum Beispiel für Unternehmen, die sich wie Proton International Germany im Geschäftsfeld Life Sciences bewegen. Und damit wären wir dann ja auch wieder bei Kondratieff. Im Gespräch gehen Peter Dehn und deas-Vertriebsleiter Uwe König darauf ein.
 

Surfen Sie mit auf einer langen Welle! 

Herr König, wie sehen Sie das eingangs zitierte Modell, dass wir am Beginn eines langfristigen Konjunkturzyklus‘ stehen, der von Gesundheit und Life Sciences angetrieben wird?

Uwe König: Vieles spricht tatsächlich dafür. Die COVID-19-Pandemie hat zum Beispiel die Biotechnologie noch einmal in ein ganz anderes Licht gerückt. Nur durch fortschrittliche Technologien wie den MRNA-Impfstoff von Biontech ist es doch letztlich gelungen, die Pandemie wirksam zu bekämpfen. Schaut man auf die wirtschaftspolitische Landkarte, so finden sich auch andere Indizien, die für den Beginn eines neuen Kondratieff-Zyklus sprechen: ein hoher Überschuss an Finanzkapital, eine Rezessions- oder Umbruchphase, ein Bedeutungsverlust von „in die Jahre gekommenen“ Technologien und soziale Umwälzungen.


Herr Dehn, bevor wir uns mit den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen befassen, bleiben wir noch einen Moment bei Kondratieff. Stichwort Gesundheit: Wo liegen die besonderen Vorteile der Protonentherapie?

Peter Dehn: Die physikalischen Eigenschaften der Protonen schaffen eine neue Qualität der Strahlentherapie. Protonenstrahlen geben die höchste Strahlendosis erst am Ende des Strahls ab – im Tumor. Das heißt, Gewebe davor und dahinter bleibt weitestgehend von den negativen Folgen der Bestrahlung verschont. Das ist besonders überall dort wichtig, wo ein Tumor direkt neben wichtigen Organen wächst. Die Protonentherapie wird hauptsächlich in den USA bereits seit 40 Jahren angewendet. Neben- oder Folgewirkungen, die zu einer Abkehr davon geführt hätten, sind nicht dokumentiert. Der gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), dem in Deutschland die Prüfung neuer Therapieformen obliegt, hat der Protonentherapie bei einer Reihe von Indikationen zugestimmt. 


Etwa zehn Prozent aller Krebspatienten könnten die Therapie erhalten. 

Der deutsche Gesundheitsmarkt ist der größte innerhalb Europas, gemessen am Marktvolumen, der Anzahl der Patienten, der Gesundheitsdienstleister und der Medizintechnikhersteller. Allein im Jahr 2019 wurden in diesem Sektor rund 400 Milliarden Euro ausgegeben. Herr Dehn, wie bewerten Sie die Möglichkeiten, die sich für ein Unternehmen wie Proton International Germany dadurch ergeben?

Peter Dehn: Der Markt ist groß, das ist richtig. Aber durch seine besondere Struktur ist er auch nicht einfach. Wir spüren das bei unseren Bemühungen, die Protonentherapie in Deutschland zu etablieren, die als Ergänzung zur klassischen Strahlentherapie für gut 50.000 Krebspatienten pro Jahr eine Hoffnung auf Besserung sein könnte – wenn es sie denn wirklich gäbe. Wer allerdings vermutet, dass neue Therapien, so sie sich in umfangreichen Tests und in der klinischen Praxis bewährt haben, zügig in die medizinische Versorgung aufgenommen werden, kann derzeit auch Anderes erleben.


Wo liegen die Schwierigkeiten?

Peter Dehn: Protonentherapie ist nur dann durch die gesetzlichen Krankenkassen abrechnungsfähig, wenn sie an einem Uniklinikum angesiedelt ist, damit Begleitforschung stattfinden kann. Das ist absolut nachvollziehbar. Aber die universitären Kliniken in Deutschland werden bis auf eine Ausnahme von den Bundesländern betrieben. Das schafft gewisse Hürden, denn Austausch und kommunikative Vernetzung untereinander und mit den ,zuliefernden Kliniken‘ sind durch die unterschiedliche Trägerschaft schwieriger. Die Folge ist, dass die schon existierenden, mehrere Behandlungsplätze umfassenden großen Protonentherapieanlagen in den großen Unikliniken unter ihrer Kapazität und damit betriebswirtschaftlich defizitär arbeiten. Mittlerweile stellt der Markt kleinere Anlagen zur Verfügung, die auch an den dafür passenden Unikliniken eingesetzt werden könnten. Aber für die Bundesländer sind die Investitionen für einen solchen Platz in Höhe von rund 60 Millionen Euro immer noch zu hoch. Der Kapitalmarkt winkt aber auch ab, weil er die Defizite der Großanlagen sieht und sich nicht darauf verlassen kann, dass die Investitionen sich letztlich auch rechnen.


Wie ist der Ausweg aus diesem Dilemma?

Peter Dehn: Wir brauchen ein Leuchtturmprojekt, in dem alle Akteure – Bundesland, Uniklinik, Fachpartner mit Erfahrung in der Therapie, medizinische Netzwerke und Kapitalgeber gemeinsam beweisen, dass Protonentherapie keine theoretische Option für Krebspatienten bleiben muss. Im universitären Umfeld in der Stadt Halle an der Saale sind wir derzeit mit der Realisierung eines solchen Leuchtturmprojektes befasst.
 

Innovationen dieser Art brauchen eine sichere Grundlage; Versicherungsschutz spielt dabei eine wesentliche Rolle. Herr König: Wie will die deas Unternehmen aus der Life-Sciences-Branche die größten Mehrwerte bei der Organisation des notwendigen Versicherungsschutzes bieten?

Uwe König: Unsere Unternehmensgruppe verbindet die beiden Sektoren Gesundheitswesen, also die Anwender, und Life Sciences, also die Entwickler optimal. 


Wir betreuen rund 70 Prozent der deutschen Krankenhäuser inklusive der Universitätskliniken in Sachen Versicherungsschutz. 

Wir sorgen dafür, dass rund 21.000 niedergelassene Ärztinnen, Ärzte und Medizinische Versorgungszentren sicher ihre Arbeit zum Wohl der Patienten tun können. Mit unseren Absicherungslösungen im Rücken entwickeln weltweit bekannte deutsche Biotechnologie-Unternehmen und Pharmahersteller mit hohem Forschungsaufkommen bahnbrechende Innovationen. In allen Fällen begleiten wir unsere Kunden auch im Schadenfall – weltweit. Das soll nicht selbstgefällig klingen, ich möchte nur anhand von Fakten verdeutlichen, welche Optionen wir gerade in diesem Sektor aufgrund unserer marktführenden Stellung bieten können. Wir sind in der Lage, den gesamten Prozess von Forschung und Entwicklung bis hin zur Anwendung durch adäquate Versicherungslösungen zu begleiten.
 

Peter Dehn hat ja eben schon darauf hingewiesen, dass die Rahmenbedingungen für hoch innovative Unternehmen gerade im deutschen Gesundheitssektor nicht in jeder Hinsicht optimal sind. Wie sehen Sie das aus der Perspektive des Versicherungsmaklers?

Uwe König: In der Tat stellen auch wir fest, dass sich die Unternehmen der Branche mit exponentiell wachsender Geschwindigkeit mit empfindlichen Rahmenbedingungen auseinanderzusetzen haben, die teilweise existenzbedrohend sein können. 


Auf ein Neufahrzeug kann man warten, aber Patienten, für die beispielsweise eine Protonentherapie lebensrettend sein kann, haben diese Zeit oftmals nicht. 

Hier sind Lösungen gefragt bei der Neuorganisation von belastbaren Zulieferketten und Produktionsabläufen.

Das hat alles seinen Preis, der, wie von Peter Dehn geschildert, sowohl unser deutsches System der Finanzierung im Gesundheitssektor an die Belastungsgrenze führt als auch Unternehmertum als solches in Frage stellen kann. Regulatorische Anforderungen wie das Medizinproduktegesetz (MDR) und das Lieferkettengesetz begleiten diese Herausforderungen zusätzlich in herausragender Art und Weise.


Wo sehen Sie Schwerpunkte in der Risikolandschaft – speziell für die Life-Sciences-Branche.

Uwe König: Kostensteigerungen in der Sachversicherung, bedingt durch die steigenden Baupreise von bis zu 20 Prozent, finalproduktabhängige Verknappung von Kapazitäten in der Haftpflichtversicherung, Preisanpassungen und gegebenenfalls Deckungseinschränkungen in der Cyberversicherung sind einige der aktuellen Marktgegebenheiten. Wir haben uns damit bereits im jüngsten deas-Marktreport auseinandergesetzt. Gleiches gilt für den Hinweis, zu prüfen, ob angesichts der aktuellen Ressourcenverfügbarkeit die Haftzeiten für Betriebsunterbrechungsversicherungen bis zum Wiederanlauf des Betriebes nach einem komplexen Schadenfall noch ausreichend sind. Dies gilt natürlich für fast alle Industrien, hat jedoch bezüglich der für die technologischen Ketten der Life-Sciences- Branche wichtigen Spezialkomponenten besondere Brisanz. Zu denken ist da beispielsweise an die ISO-Norm 1466 – Reinraum. 

Ein einkaufsstarker Partner an Ihrer Seite hilft Ihnen die Folgen dieser Szenarien abzumildern. In der Ecclesia Gruppe, zu der wir als deas gehören, platzieren wir insgesamt mehr als 2,6 Milliarden Euro Prämienvolumen am Markt. Aber die Risikoträger, gegenüber denen wir die Interessen unserer Kunden vertreten, vertrauen uns und unserer Expertise auch, weil sie über viele Jahre und Jahrzehnte gute Erfahrungen damit gemacht haben. Fokussiert in der Sache, was die Kundeninteressen betrifft, aber partnerschaftlich im Umgang miteinander, das eröffnet oft Möglichkeiten für innovative Lösungen, wenn wir die Extrameile für unsere Kunden gehen. Ob Ihre Herausforderungen eher regionaler oder internationaler Natur sind, spielt dabei keine Rolle – bei uns sind Sie immer in guten Händen.


Vielen Dank für das Gespräch. 




MDR (Medizinproduktegesetz)

Die Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte ist am 25. Mai 2017 in Kraft getreten. Sie wird auch Medical Device Regulation oder europäische Medizinprodukte-Verordnung genannt. Sie gilt in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union unmittelbar und muss daher nicht in nationales Recht umgesetzt werden.


Lieferkettengesetz

Konkret geht es um das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) und das europäische Lieferkettengesetz. Für Letzteres gibt es bisher nur einen Entwurf mit dem sperrigen Namen „Corporate Sustainability Due Diligence Directive“ (CSDDD). Das LkSG gilt bereits seit dem 1. Januar 2023