Pflichtversicherung für Vereinsbetreuerinnen und Vereinsbetreuer
Zum 1. Januar 2023 wird das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts in Kraft treten. Es strukturiert und modernisiert die einschlägigen Regelungen umfassend. Welcher Handlungsbedarf ergibt sich daraus für Betreuungsvereine und ihre Mitarbeitenden? Alexander Bayer, Volljurist aus unserem Unternehmensbereich Financial Lines, beleuchtet die Neuerungen, Hintergründe und versicherungsrechtlichen Auswirkungen der Gesetzesreform. Unsere Unternehmensgruppe hat darauf bereits reagiert: Die neue Erweiterte Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung EVH-B 2.0 deckt die künftigen Anforderungen ab.
Ziel der Gesetzesreform ist es, die Einhaltung der UN-Behindertenrechtskonvention sicherzustellen. Vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz angestoßene Forschungen haben gezeigt, dass die von den UN geforderte größtmögliche Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen im Vorfeld und innerhalb der rechtlichen Betreuung bislang nicht durchgängig zufriedenstellend verwirklicht ist. Die Forschungen legten Qualitätsmängel bei der praktischen Umsetzung der Vorgaben offen.
Außerdem soll das Gesetz leichter verständlich werden. Das zuletzt im Jahr 2009 überarbeitete Betreuungsrecht war bisher mit Ausnahme einiger weniger Vorschriften weitgehend durch Verweise auf das Vormundschaftsrecht geregelt. Diese Regelungstechnik hat die Lesbarkeit und das Verständnis zum Teil erheblich erschwert. Das Vormundschaftsrecht selbst wiederum stammt in weiten Teilen noch aus der Zeit der Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) im Jahr 1896. Die aktuellen Lebensverhältnisse bildet das Gesetz somit nicht mehr adäquat ab.
Überblick über die Neuerungen
Zentraler Maßstab für die Eignung der betreuenden Person, ihr Handeln und die Wahrnehmung der gerichtlichen Aufsicht werden daher laut dem neuen Gesetz die Bedürfnisse und Wünsche der betreuten Person sein. Außerdem sollen durch die Reform die Schwierigkeiten in Bezug auf die Lesbarkeit ausgeräumt werden: Das zukünftig in den §§ 1814 bis 1881 BGB n. F. normierte materielle Betreuungsrecht kommt ohne Verweise auf das Vormundschaftsrecht aus.
Besonders erwähnenswert ist, dass neben der Anpassung des BGB das Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG) neu eingeführt wird. Das BtOG ersetzt das bisher geltende Betreuungsbehördengesetz. Das neue Gesetz regelt vor allem die Aufgabe der Betreuungsvereine, die Voraussetzungen der Anerkennung (§ 14 BtOG) sowie Finanzierungsfragen. Außerdem enthält es wichtige Bestimmungen über den Status der rechtlichen Betreuerinnen und Betreuer.
Sämtliche öffentlich-rechtlich geprägten Vorschriften zu den Betreuungsbehörden, den Betreuungsvereinen und den ehrenamtlichen sowie beruflichen Betreuerinnen und Betreuern finden sich zukünftig im BtOG, sodass dieses Gesetz für die Praxis von höchster Bedeutung ist. In Hinblick auf die beruflichen Betreuerinnen und Betreuer ist besonderes Augenmerk auf die zum 1. Januar 2023 neu eingeführte Registrierungspflicht (§ 23 BtOG) zu legen.
Haftungsrechtlich sind mit dem Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts indes kaum Neuerungen verbunden. Einzig relevanter Punkt ist an dieser Stelle der § 1826 BGB n. F. Zukünftig wird ein Verschulden der betreuenden Person in Bezug auf eine Schadenverursachung vermutet. Die Betreuerin oder der Betreuer muss nachweisen, dass sie beziehungsweise ihn kein Verschulden trifft. Damit sorgt der Gesetzgeber für einen Gleichlauf der Beweislastverteilung zwischen Betreuungsrecht und allgemeinem, nicht-deliktischem Schadensersatzrecht (vgl. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB).
In Hinblick auf die Pflichtversicherung des Betreuungsvereins selbst ergeben sich keine Änderungen. Um als Betreuungsverein anerkannt zu werden, muss auch zukünftig der rechtsfähige Verein gem. § 14 Abs. 1 Ziff. 2 BtOG eine „angemessene Versicherung“ nachweisen. Diese Voraussetzung entspricht der bisherigen Regelung in § 1809f Abs. 1 Ziff. 1 BGB.
Die persönliche Berufshaftpflicht wird für Vereinsbetreuerinnen und -betreuer obligatorisch
Berufliche Betreuerinnen und Betreuer müssen künftig eine persönliche Berufshaftpflichtversicherung vorweisen. Diese Regelung ist neu hinzugekommen und auf die ebenfalls neu eingeführte Registrierung dieser Betreuerinnen und Betreuer zurückzuführen (§ 23 BtOG). Neben der persönlichen Eignung und Zuverlässigkeit und dem Nachweis einer ausreichenden Sachkunde für die Tätigkeit ist eine eigene Berufshaftpflichtversicherung Registrierungsvoraussetzung. Das gilt für alle beruflichen Betreuerinnen und Betreuer, unabhängig davon, ob sie selbstständig (zum Beispiel als Rechtsanwälte) oder als Angestellte (zum Beispiel Vereinsbetreuerinnen und -betreuer) tätig sind.
Die Registrierung der beruflichen Betreuerinnen und Betreuer dient dazu, eine einheitliche Qualität in der rechtlichen Betreuung zu gewährleisten. Die Einführung der Pflichtversicherung sichert im Schadenfall die Erfüllung berechtigt erhobener Schadenersatzansprüche der betreuten Person gegen den beruflichen Betreuer ab, indem zwingend hinter jeder Berufsbetreuerin und jedem Berufsbetreuer eine Versicherungsgesellschaft steht.
Die neue Versicherungspflicht fordert zur Deckung der sich aus der Berufstätigkeit ergebenen Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden eine Mindestversicherungssumme von 250.000 Euro für jeden Versicherungsfall und von einer Million Euro für alle Versicherungsfälle eines Versicherungsjahres. Näheres zur Ausgestaltung des Versicherungsschutzes ergibt sich aus § 10 der Betreuerregistrierungsverordnung (BtRegV). Die Vereinbarung eines Selbstbehaltes bis zu einem Prozent der Mindestversicherung ist ebenso zulässig wie ein Deckungsausschluss für wissentliche Pflichtverletzungen.
Aus diesem neuen gesetzlichen Kontext folgt, dass die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung, die Betreuungsvereine schon bislang für ihre eigene Anerkennung benötigten und durch die oft auch das Haftungsrisiko der Vereinsbetreuerinnen und -betreuer abgedeckt war, zukünftig allein nicht mehr ausreichen wird, um den neuen Anforderungen an die persönliche Berufshaftpflichtversicherung der Vereinsbetreuerinnnen oder der Vereinsbetreuer zu entsprechen. Es ist aber zu erwarten, dass die zusätzlichen Versicherungsprämien, die mit der eigenständigen Pflichtversicherung für die Vereinsbetreuer und der dafür von den Versicherern aufzubringenden eigenständigen Deckungskapazität notwendigerweise verbunden sind, viele Betreuungsvereine unangenehm überraschen werden.
Betreuungsvereine können die Pflichtversicherung über eine Deckungserweiterung sicherstellen
Hinsichtlich des Versicherungsschutzes ergeben sich zukünftig zwei Gestaltungsmöglichkeiten: Denkbar ist, dass der Betreuungsverein und jeder einzelne Vereinsbetreuer jeweils separate, eigene Deckungen vorhalten.
Alternativ ist es aber auch möglich, dass die erforderlichen Pflichtversicherungen für die Vereinsbetreuerinnen und -betreuer über eine Deckungserweiterung in den bestehenden Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungen der Betreuungsvereine selbst abgebildet werden. Der Gesetzgeber hat den Besonderheiten der Vereinsbetreuerinnen und -betreuer, die ja Mitarbeitende eines Vereins und insofern als Arbeitnehmer tätig sind, durch § 10 Abs. 4 BtRegV Rechnung getragen. Danach können die Vereinsbetreuerinnen und -betreuer ihrer Versicherungsnachweispflicht auch durch Vorlage einer dem anerkannten Betreuungsverein ausgestellten Bescheinigung nachkommen.
Unsere Empfehlung: EVH-B 2.0
Den Betreuungsvereinen stand mit unserer Erweiterten Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Betreuungsvereine (EVH-B) schon bisher ein bewährtes und marktführendes Spezialprodukt zur Absicherung des Vermögensschadenrisikos zur Verfügung. Es sichert Haftpflichtansprüche ab und umfasst auch eine Eigenschadendeckung, beispielsweise zur Absicherung der eigenen Verwaltungstätigkeit. Das Management der Betreuungsvereine ist durch den integrierten D&O-Baustein schon heute umfassend geschützt. Die wissentliche Pflichtverletzung, ein in der Praxis wichtiger – und daher stets ärgerlicher – Ausschlussgrund, kann auf Wunsch mitversichert werden. Viele Betreuungsvereine haben davon schon Gebrauch gemacht.
Die Gesetzesreform war Anlass, dieses Produkt umfassend zu überarbeiten und der neuen Rechtslage anzupassen. Die neue „EVH-B 2.0“ ist zukünftig als hybrider Versicherungsschutz ausgestaltet: Sie sichert wie bisher die Risiken ab, die sich aus der Tätigkeit als Betreuungsverein ergeben, und bietet zusätzlich die Möglichkeit, separate Deckungskapazitäten für die beschäftigten Vereinsbetreuerinnen und -betreuer einzuschließen. Auf Wunsch werden damit also beide Pflichtversicherungen abgedeckt. Die EVH-B 2.0 erfüllt damit die gesetzlichen Vorgaben an den Versicherungsschutz sowohl für den Betreuungsverein (Stichwort „Anerkennung“) als auch für die Vereinsbetreuerinnen und Vereinsbetreuer (Stichwort „Registrierung“).
Die wissentliche Pflichtverletzung kann dabei sowohl für die Vereinsbetreuerinnen und -betreuer als auch für den Betreuungsverein selbst in den Versicherungsschutz eingeschlossen werden. Ein erheblicher Vorteil gegenüber den sonst am Markt erhältlichen Deckungen! Auch ein Selbstbehalt, wie ihn § 10 Abs. 2 BtRegV zulässt, ist in der EVH-B 2.0 im Rahmen der Pflichtversicherung der Vereinsbetreuerinnen und -betreuer nicht vorgesehen.
Die Vorteile der EVH-B 2.0 gegenüber singulären Deckungen für den Betreuungsverein und die einzelne Vereinsbetreuerin oder den Vereinsbetreuer liegen auf der Hand: Ein einheitliches Deckungskonzept für Vereins- und Betreuungsrisiko verhindert mögliche unterschiedliche Deckungsinhalte und daraus womöglich resultierende Schwierigkeiten in der Regulierung von Schadenfällen.
Das ist auch für den Betreuungsverein selbst wichtig. Denn mangelnde Deckung durch etwaige eigenständige Versicherungen der Vereinsbetreuerinnen und -betreuer führt zu der Frage, ob der Verein unter Umständen seine Mitarbeitenden arbeitsrechtlich selbst von Schadensersatzansprüchen freihalten muss. Dies wiederum stellt ein eigenständiges Vermögensschadenrisiko für den Verein dar. Eine einheitliche Deckung reduziert die Gefahr erheblich. Außerdem dürften die Vereinsbetreuerinnen und -betreuer einen arbeitsrechtlichen Anspruch gegen den Betreuungsverein auf Auslagenersatz in Bezug auf die Versicherungsprämien einer eigenen Versicherung haben. Auch aus diesem Grund erscheint es aus Sicht eines Betreuungsvereins sinnvoller, die einheitliche Deckung für die eigenen Vereinsbetreuerinnen und -betreuer gleich selbst in die Hand zu nehmen und zu bezahlen.
Die Gesetzesänderungen werden gerade zu Beginn des Jahres 2023 die ohnehin herausfordernde Tätigkeit der rechtlichen Betreuung noch zusätzlich belasten. Wir wollen mit dem neuen Produkt EVH-B 2.0 dazu beitragen, dass Sie Ihren Versicherungsaufwand möglichst geringhalten können. Gern unterstützen wir Sie in allen mit dem Versicherungsschutz zusammenhängenden Fragen.