Neuerungen bei entgeltlichen Garantiezusagen: An die Stelle der Umsatzsteuer tritt die Versicherungsteuer

Das deutsche Steuerrecht ist seit dem 1. Januar 2023 um eine Neuerung reicher. Sie betrifft entgeltliche Garantiezusagen, die über die gesetzliche Gewährleistung hinausgehen. Für den Verkäufer wie für den Käufer von Produkten ergeben sich dadurch steuerliche und finanzielle Änderungen, die nicht ohne sind. Schließlich sind entgeltliche Garantieversprechen durchaus häufig. Unser Steuerexperte Christoph Slotosch erläutert im Gespräch mit i deas, was es mit der Neuerung auf sich hat.

Was hat das Bundesfinanzministerium in Bezug auf entgeltliche Garantieversprechen geändert?

Christoph Slotosch: Das Ministerium ist der Auffassung, dass ein Urteil des Bundesfinanzhofes, das ursprünglich die Kraftfahrzeughandelsbranche betraf, auch auf andere Branchen anzuwenden ist. Grob gesagt: Entgeltliche Garantieversprechen unterliegen meist nicht der Umsatzsteuer, dafür ist darauf aber Versicherungsteuer zu zahlen.

 

Was bedeutet diese Änderung?

Christoph Slotosch: Nehmen wir ein Beispiel: Wenn ein Autohändler ein Fahrzeug verkauft und zusätzlich eine Garantie, die über die gesetzliche Gewährleistung hinausgeht, hat er früher für diese Garantie meist einen Preis plus 19 Prozent Umsatzsteuer berechnet. Der Bundesfinanzhof hat 2018 aber entschieden, dass diese entgeltliche Garantie keine unselbstständige Nebenleistung beim Autoverkauf ist, sondern eine eigenständige Leistung, weil der Kunde ja die Wahl hat, ob er sie nehmen möchte oder nicht. Das heißt, dass es sich bei dieser Garantie im Kern um ein Versicherungsverhältnis handelt, auf das keine Umsatzsteuer zu entrichten ist, sondern die Versicherungsteuer. Das Bundesfinanzministerium hat verfügt, dass dieser Grundsatz ab dem 1. Januar 2023 auch auf alle anderen Branchen angewendet wird. Also: Wenn Unternehmen A an Unternehmen B ein Produkt verkauft und zusätzlich eine Garantiezusage gegen Entgelt gibt, müssen auf diese Garantiezusage 19 Prozent Versicherungsteuer abgeführt werden.

 

Was hat das für Konsequenzen?

Christoph Slotosch: Die Folgen sind unterschiedlich. Der Garantiegeber, also in unserem Beispiel Unternehmen A, wird an dieser Stelle steuerlich zum Versicherer. Das heißt, er muss sich entsprechend bei den deutschen Finanzbehörden anmelden, die Steuer abführen und dokumentieren. Ein Vorsteuerabzug ist zumindest partiell nicht möglich. Handelt es sich um ein grenzüberschreitendes Geschäft, ist auch eine Doppelbesteuerung nicht ausgeschlossen. Beim Käufer und Garantienehmer, also Unternehmen B, wird die Versicherungsteuer zu Kosten, die er nicht direkt vom Finanzamt zurückbekommt wie andernfalls meist die Umsatzsteuer.

 

Wie kann ein Unternehmen diesen zusätzlichen Aufwand verhindern?

Christoph Slotosch: Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten, die aber von Branche zu Branche unterschiedlich gut anzuwenden sein dürften.

Möglichkeit 1: Die zusätzliche Garantiezusage wird nur in Verbindung mit einem Vollwartungsvertrag gegeben. Dann ist die Leistung wieder eine unselbstständige Nebenleistung und damit umsatzsteuerpflichtig. Das heißt, der Vorsteuerabzug ist wieder möglich – beim Garantiegeber genauso wie beim Garantienehmer.

Möglichkeit 2: Die Produkte werden ausschließlich mit der verlängerten Garantie verkauft, der Kunde hat nicht die Möglichkeit, sich frei für oder gegen die Garantieleistung zu entscheiden. Auch dann handelt es sich um eine unselbstständige Nebenleistung.

Möglichkeit 3: Es wird ausschließlich eine Garantieversicherung über einen echten Versicherer abgeschlossen, in der der Produktkäufer die versicherte Person ist. In dem Moment tritt der Produktverkäufer nicht mehr selbst als Erstversicherer auf, die deas kann die Garantieversicherung vermitteln und den damit verbundenen Aufwand übernehmen. Beim Abnehmer der Versicherung entstehen aber Kosten in Form der Versicherungsteuer.

 

Was sollten die Unternehmen nun auf jeden Fall tun?

Christoph Slotosch: Wesentlich ist, zunächst mit dem eigenen Steuerberater Kontakt aufzunehmen, um ungewollte steuerliche Konsequenzen zu vermeiden. Auch wenn der Garantiegeber wiederum nur einen weiteren Komponentenfertiger beliefert, also Teil einer längeren Lieferkette ist, muss im Einzelfall geprüft werden, welcher steuerliche Fall angewendet werden muss.

Thorsten Engelhardt