
Was haben Tankvorgänge mit Warendiebstählen zu tun?
Der Fahrer konnte sich die Fehlmenge nicht erklären: Der Laderaum hätte beim Entladen nicht anders ausgesehen als beim Beladen; er hätte zwar eine Übernachtungspause machen müssen, diese aber wie üblich im LKW verbracht und das auf einem Parkplatz, der gut beleuchtet war und auf dem zahlreiche andere Fahrzeuge waren. Ihm selbst sowie anderen Fahrern wären keine besonderen Vorkommnisse während der Nacht aufgefallen. Eine polizeiliche Anzeige wurde gemacht, brachte aber – leider wie üblich – keinerlei Erkenntnisse.
Die Beweislastregeln der CMR sehen vor, dass sich der Frachtführer „frei beweisen“ muss, um eine Haftung abzuwehren. Der Schaden – die fehlenden 16 Tonnen Lebensmittel – wurden ihm in Rechnung gestellt; der Frachtführer empfand das als „unfair“, aber letztendlich wurden laut Frachtpapieren eben 24 Tonnen zum Transport übernommen und lediglich 8 Tonnen abgeliefert: Die Fehlmenge von 16 Tonnen schien also Fakt zu sein.
Mit diesem Erkenntnisstand und den nötigen Dokumenten wie Fahrerprotokoll, Frachtbrief, Tachographenscheibe, Schadenrechnung und Wertnachweis landete der Fall am Tisch der zuständigen Expertin bei der Lutz Assekuranz. Ein Schaden von fast 100.000 EUR stand im Raum: Müssten die Versicherer diesen bezahlen, wäre die claim ratio des Kunden auf Jahre beeinträchtigt. Der Kunde war sich dieses unerfreulichen Umstandes durchaus bewusst, hegte aber kaum mehr Hoffnung, diese missliche Situation noch drehen zu können.
Die Transportrechtsexpertin bei der Lutz Assekuranz prüfte die Angelegenheit und forderte vom Kunden die Spritverbrauchs-Daten an. Dies führte zunächst zu Verblüffung: Es wurde schließlich nicht der Diesel gestohlen, sondern die transportierte Ware. Dennoch: Die Verbrauchsdaten wurden übersandt – und die Expertin bei Lutz Assekuranz entdeckte Erstaunliches. Genauer gesagt: Sie erkannte nicht das, was bei dem Vorfall wie geschildert zu erwarten ist.
Jeder in der Transportbranche Tätige weiß, dass voll beladene Fahrzeuge mehr Diesel brauchen als leere. Dementsprechend ist auch der Verbrauch eines zu zwei Drittel entladenen Fahrzeuges signifikant geringer als zuvor – und zwar derart signifikant, dass dies bei den Verbrauchswerten deutlich zu sehen ist. Im geschilderten Schadenfall war jedoch der Verbrauch nach der Nachtpause mehr oder weniger gleich wie zuvor (und wie während des gesamten Verlaufes); erst nach der vollständigen Entladung geht der Verbrauch des nun ganz leeren Fahrzeuges merkbar zurück.
Die Expertin im Hause Lutz Assekuranz erkannte klar, dass ein Abhandenkommen von Ware während des Transportes, also im Obhutszeitraum des Frachtführers, nicht stattgefunden haben kann. Die Forderung des Anspruchstellers wurde, da nun eben das oben erwähnte „frei Beweisen“ gelungen ist, zurückgewiesen.
Die Polizzen der Lutz Assekuranz umfassen üblicherweise im Rahmen der Bedingungen auch Abwehrdeckung: Um sich für einen Schadenersatzprozess zu rüsten, wurde die Erkenntnis der Mitarbeiterin noch durch einen externen Experten verifiziert – dies war aber letztendlich nicht nötig: Die akribische Arbeit führte dazu, dass ein Schadenersatzprozess erst gar nicht versucht wurde – die Ablehnung wurde akzeptiert, die Polizze des Kunden blieb zu dessen größter Zufriedenheit unangetastet.