
Pflichtversicherung gegen Elementarschäden: Schutz oder Belastung für die Sozial- und Gesundheitswirtschaft?
Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, und weitere soziale Träger oder kirchliche Organisationen sind häufig in Gebäuden untergebracht, die teils historische Bausubstanz aufweisen und sich nicht immer in optimaler Lage für den Schutz vor Naturereignissen befinden. Für diese Einrichtungen stellt sich die Frage, ob künftig auch ihre Liegenschaften unter die geplante Pflichtversicherung fallen könnten – und wer die zusätzlichen Kosten tragen soll.
Ohne gezielte staatliche Unterstützung droht eine erhebliche Belastung: Steigende Prämien könnten die ohnehin angespannten Budgets zusätzlich unter Druck setzen. Insbesondere im Gesundheits- und Sozialwesen, wo bereits heute zahlreiche andere Kostensteigerungen (Personal, Energie, Digitalisierung) zu bewältigen sind, könnte dies neue Finanzierungslücken aufreißen.
Was die Bundesregierung plant
Nach dem aktuellen Koalitionsvertrag soll eine verpflichtende Elementarschadenabsicherung im Rahmen der Wohngebäudeversicherung eingeführt werden – und zwar sowohl für Neuabschlüsse als auch für Bestandsgebäude (mit Stichtag). Diskutiert wird derzeit auch ein Modell mit sogenannter Opt-out-Option.
Das bedeutet: Elementarschäden würden künftig automatisch in jede Wohngebäudeversicherung eingeschlossen. Versicherungsnehmer müssten aktiv widersprechen, wenn sie diesen Schutz nicht wünschen. Ohne eine solche aktive Erklärung („Opt-out“) bleibt der Elementarschutz fester Bestandteil des Versicherungsvertrags — und entsprechende Prämien sind zu zahlen. Damit soll erreicht werden, dass möglichst viele Gebäude gegen Naturgefahren abgesichert sind, ohne eine starre gesetzliche Pflicht einzuführen.
Zudem ist eine staatliche Rückversicherung vorgesehen, um die Risiken besser abzufedern. Auch die Verantwortung der Bauleitplanung in hochgefährdeten Gebieten soll stärker betont werden.
Was zunächst als Maßnahme für den privaten Wohnungsmarkt erscheint, könnte perspektivisch Auswirkungen auf andere Gebäudetypen und Nutzungsarten haben. Zwar ist eine verbindliche Ausweitung derzeit politisch nicht konkret vorgesehen, doch in Fachkreisen und Verbänden wird bereits diskutiert, wie künftig auch für Gewerbeimmobilien, soziale Infrastruktur und öffentliche Gebäude der Versicherungsschutz gegen Elementarrisiken gestaltet werden könnte.
Einheitlicher Schutz noch nicht in Sicht
Während für private Wohngebäude klare gesetzliche Vorgaben in Arbeit sind, bleibt für Gewerbetreibende, industrielle Nutzer und soziale Einrichtungen bislang vieles offen. In der aktuellen Gesetzesvorbereitung zielt die Pflichtversicherung ausdrücklich auf den Wohngebäudebereich. Gleichwohl könnten spätere politische Entwicklungen oder Marktentwicklungen dazu führen, dass auch andere Nutzergruppen stärker in den Fokus rücken.
Gerade kleinere und mittelständische Unternehmen sowie soziale Träger sind bisher oft unzureichend gegen Elementarschäden versichert. Eine Pflichtabsicherung könnte hier mehr Sicherheit bringen – jedoch nur, wenn sie sozial ausgewogen gestaltet und mit Präventionsmaßnahmen flankiert wird.
In einer aktuellen Stellungnahme vom 30. Mai betont der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), dass es für einen wirksamen und dauerhaft tragfähigen Elementarschutz eines Gesamtkonzepts bedarf: Neben einer standardmäßigen Opt-out-Deckung seien verbindliche Präventionsmaßnahmen sowie eine öffentlich-private Rückversicherung essenziell.
„Versicherung allein genügt nicht. Es braucht verbindliche Prävention und eine staatlich unterstützte Rückversicherungslösung, um die Absicherung auch bei extremen Wetterereignissen bezahlbar zu halten.“¹
Sorge vor finanzieller Mehrbelastung
Sowohl Eigentümerverbände als auch Vertreter der Mieter und Wirtschaft mahnen zur Vorsicht: Ohne flankierende Maßnahmen drohe eine erhebliche Kostenlawine. Insbesondere für Einrichtungen der Daseinsvorsorge ist entscheidend, ob und wie sie von der Pflichtversicherung betroffen sein werden – und ob für diese spezifischen Akteure Fördermöglichkeiten oder Ausnahmeregelungen vorgesehen werden.
Auch für landwirtschaftliche Betriebe und kommunale Gebäude ist derzeit unklar, ob und in welcher Form eine Pflichtversicherung greifen würde. Gerade Kommunen müssten ihre Haushaltsplanung möglicherweise neu ausrichten, wenn künftig auch für öffentliche Liegenschaften Versicherungspflicht bestehen sollte.
Fazit: Reform mit Augenmaß erforderlich
Die Einführung einer Pflichtversicherung für Elementarschäden ist als Reaktion auf die zunehmenden Naturgefahren sinnvoll. Damit die Reform jedoch tragfähig und sozial ausgewogen wird, müssen besondere Anforderungen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft, der kirchlichen Träger und weiterer sozialer Einrichtungen von Anfang an berücksichtigt werden.
Wir begleiten die weitere politische Entwicklung eng und halten Sie als unsere Kunden fortlaufend informiert. So können wir rechtzeitig gemeinsam mit Ihnen prüfen, ob und welche Anpassungen in Ihrer Versicherungsstrategie erforderlich werden.