
Heilwesenschäden – komplex, teuer und emotional belastend
Allein im Jahr 2023 wurden dem Medizinischen Dienst (MD) bundesweit 12.438 Verdachtsfälle auf Behandlungsfehler gemeldet. In 3.595 Fällen wurde ein Fehler bestätigt, in über 2.600 Fällen ein kausaler Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden festgestellt. Auch wenn die absolute Zahl im Vergleich zu den Vorjahren leicht rückläufig erscheint, bleibt die Dunkelziffer hoch. Zudem steigen die Entschädigungsleistungen pro Fall: Sie liegen im Durchschnitt bei über 30.000 Euro – mit deutlich höheren Summen in besonders schweren Fällen. Die steigende Lebenserwartung, der medizinisch-technische Fortschritt, höhere Pflegekosten und zunehmende rechtliche Anforderungen treiben die Gesamtkosten weiter nach oben.
Was Heilwesenschäden besonders macht
Heilwesenschäden sind nicht nur teuer – sie sind auch schwer prognostizierbar. Im Anfalljahr sind weniger als 40 Prozent der zu erwartenden Schäden bekannt. Selbst fünf Jahre später bestehen noch erhebliche Unsicherheiten. Spätfolgen, unzureichend geschätzte Reserven und zufallsgetriebene Großschäden prägen das Bild. Und: Jeder Heilwesenschaden trägt auch eine emotionale Komponente. Betroffene erleben nicht nur körperliche Schmerzen, sondern häufig auch einen Vertrauensverlust gegenüber dem Gesundheitssystem, der sich in Misstrauen, Angstzuständen oder Depressionen niederschlagen kann. Genau diese emotionale Tiefe macht die Regulierung komplex – und verlangt nach Fingerspitzengefühl, medizinischer Expertise und rechtlicher Klarheit.
Warum professionelles Schadenmanagement entscheidend ist
Ein professionelles Schadenmanagement ist kein Selbstzweck. Es ist Ausdruck von Verantwortung – gegenüber dem Patienten, dem medizinischen Personal und dem Träger der Einrichtung. Ziel ist es, die Interessen aller Beteiligten mit Augenmaß und Sachverstand in Einklang zu bringen – unabhängig davon, ob es sich um einen Bagatellschaden oder um ein Großschadensereignis handelt. Denn gerade im sensiblen Umfeld des Gesundheitswesens zählt jedes Detail.
Wir, die Ecclesia Gruppe, unterstützen unsere Kunden mit einem spezialisierten Schadenservice, der medizinisches Fachwissen mit rechtlicher Expertise und kommunikativer Erfahrung verbindet. Von der ersten Schadenmeldung über die medizinische Begutachtung bis hin zur finalen Regulierung stehen wir unseren Kunden zur Seite – analytisch, lösungsorientiert und in enger Abstimmung mit Ihnen als Versicherungsnehmer. Auch komplexe Schadenszenarien begleiten wir strukturiert und effizient, etwa bei Personengroßschäden, Langzeitverläufen oder haftungsrechtlich schwierigen Konstellationen.
Zugleich ist Schadenmanagement für uns auch ein Lernprozess. Jeder einzelne Schadenfall liefert wertvolle Informationen: über systemische Schwächen, über typische Fehlerquellen, über Verläufe und Ergebnisse. Diese Erkenntnisse fließen systematisch in unsere Analyse- und Steuerungsprozesse ein – sei es in Form von Schadenstatistiken, Auswertungen, Lessons Learned oder der gezielten Ableitung von Präventionsmaßnahmen. So wird Schadenmanagement zur aktiven Risikosteuerung. Nicht rückwärtsgewandt, sondern mit klarem Blick nach vorn. Denn nur wer bereit ist, aus der Vergangenheit zu lernen, kann in Zukunft besser handeln.
Schadenmanagement liefert Impulse für die Zukunft
Die Analyse komplexer Schadenverläufe zeigt auf, wo bestehende Versicherungsprodukte an Grenzen stoßen – etwa bei langjährigen Verläufen, Spätmanifestationen oder neuartigen Haftungssachverhalten. Diese Erkenntnisse nutzen wir zur Weiterentwicklung bestehender Lösungen und zur Entwicklung neuer Versicherungsprodukte oder Deckungskonzepte. So entstehen innovative Ansätze, die besser zu den realen Herausforderungen im Gesundheitswesen passen – sei es in Form dynamischer Selbstbehaltsmodelle, parametrischer Deckungen oder modularer Risikobausteine.
Dabei ist Transparenz ein zentrales Prinzip: Unsere Kunden behalten jederzeit den Überblick über den Bearbeitungsstand, die Kommunikation mit Anspruchstellern und die finanziellen Auswirkungen. Regelmäßige Reportings, vorausschauende Reservenplanung und juristische Einschätzungen sichern eine fundierte Schadensteuerung – heute und mit Blick auf morgen.
Vom Schaden zur Vermeidung – Prävention im Fokus
Jeder vermiedene Schaden ist ein Gewinn. Für den Patienten. Für die Mitarbeitenden. Für die Einrichtung. Aber Prävention im Gesundheitswesen bedeutet mehr als nur die Einhaltung von Hygienestandards oder die Umsetzung gesetzlicher Vorgaben. Es geht um gelebtes Risikobewusstsein – um ein Verständnis für kritische Prozesse, potenzielle Fehlerquellen und strukturelle Schwächen.
Hier setzt unsere Gesellschaft für klinische Risikoberatung (GRB) an: Als eigenständige Beratungseinheit innerhalb der Unternehmensgruppe unterstützt sie Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und medizinische Versorgungszentren dabei, Risiken frühzeitig zu erkennen, zu analysieren und gezielt zu minimieren.
Unsere Berater verfügen über langjährige Erfahrung im medizinischen Alltag und kennen die Herausforderungen vor Ort. Gemeinsam mit Ihnen entwickeln sie passgenaue Konzepte zur Prozesssicherheit – etwa durch gezielte Risikoanalysen, strukturierte Fallbesprechungen, Schulungen oder die Einführung eines klinischen Risikomanagements.
Das Ziel: Ein systematischer Aufbau von Risikokompetenz in Ihrer Einrichtung. Damit Fehler nicht nur als individuelles Versagen verstanden werden, sondern als Lernanlässe im Sinne einer konstruktiven Sicherheitskultur. Und damit die Qualität der Versorgung steigt – nachhaltig, überprüfbar und mit echtem Mehrwert für alle Beteiligten.
Unser Anspruch: Schaden managen, bevor er entsteht – und professionell begleiten, wenn er eingetreten ist. Gleichzeitig denken wir weiter: Mit klarem Blick für Innovationen, mit dem Mut zu neuen Lösungen – und mit einem tiefen Verständnis für die Realität im Gesundheitswesen.
Interview
Warum medizinische Einrichtungen im Schadenfall spezialisierte Unterstützung brauchen
In diesem Interview erläutern die erfahrenen Experten Yasmin Berkemeier, Natalie Schäfer und Dr. Markus Krüger der Ecclesia Gruppe, wie professionelles Schadenmanagement funktioniert, welche typischen Fallstricke es gibt – und warum Schnelligkeit, Empathie und Expertise in solchen Fällen entscheidend sind.
Warum stellen Heilwesenschäden eine besondere Herausforderung für medizinische Einrichtungen dar?
Markus Krüger: Weil sie nicht nur juristisch und finanziell komplex sind, sondern auch emotional hoch sensibel. Sie betreffen das zentrale Vertrauensverhältnis zwischen Einrichtung und Patient. Die daraus entstehenden Haftungsansprüche können erhebliche Auswirkungen haben – wirtschaftlich wie reputativ.
Was macht ein gutes Schadenmanagement in diesem Bereich aus?
Natalie Schäfer: Es muss schnell, professionell und empathisch sein. Ziel ist nicht nur die rechtssichere Prüfung der Sach- und Rechtslage mit Reaktion gegenüber der Patientenseite, sondern auch der Schutz des Rufs der Einrichtung. Wer strukturiert und vorausschauend agiert, kann Eskalationen vermeiden, Vertrauen erhalten und präventive Erkenntnisse gewinnen.
Gibt es typische Fehler, die Versicherte im Schadenfall machen?
Yasmin Berkemeier: Teilweise werden – womöglich auch aus der Not heraus, vor Ort die Angelegenheit schnell klären zu wollen – Versprechungen zu einer Regulierung abgegeben. Mitarbeitende der medizinischen Einrichtungen sollten aber in jedem Fall vermeiden, ohne Rücksprache mit uns eine Zahlung in Aussicht zu stellen oder sogar eine Haftungszusage zu treffen. Auch kommt es hin und wieder vor, dass Stellungnahmen ohne unsere Einbindung an die Gegenseite oder Ärztekammer herausgegeben werden. Auch dieses sollte unbedingt vermieden und stattdessen der Kontakt mit uns geführt werden. Schnelligkeit ist hingegen bei gerichtlichen Zustellungen geboten, diese sollten unmittelbar zu uns gesendet werden.
Können Sie ein konkretes Beispiel aus Ihrer Maklerpraxis nennen, bei dem ein Heilwesenschaden reguliert wurde? Wie war der Ablauf?
Natalie Schäfer: Ein Krankenhaus meldete sich, dass man im Zuge einer Operation einen Fehler begangen habe und versehentlich ein Tupfer im Körper des Patienten verblieben sei, es müsse nun zu einer Folgeoperation kommen. Aus rechtlicher Sicht lag ein schwerwiegendes Ereignis vor, das zu einem Schaden bei dem Patienten geführt hatte. Da der Patient noch vor Ort war und wir uns im Rahmen der Eigentragung um die Bearbeitung der Fälle kümmerten, war es möglich, unmittelbar in eine Regulierung einzutreten. Dank einem guten Zusammenspiel mit dem Krankenhaus erhielt der Patient – quasi an der Bettkante – eine Zahlung und der Vorgang war binnen kurzer Zeit zur Zufriedenheit des Patienten aber auch des Krankenhauses erledigt.
Welche Fälle kommen als Schadenfälle besonders häufig vor?
Yasmin Berkemeier: Das lässt sich nicht pauschal beantworten, da letztendlich die gesamte Bandbreite an Fehlern möglich ist und wir in allen Sachlagen Unterstützung bieten. In medizinischen Einrichtungen arbeiten Menschen und hier sind – trotz größtmöglicher Sorgfalt, viel Einsatz und Kontrolle – naturgemäß immer Fehler möglich. Das reicht von sehr seltenen Ereignissen bis hin zu Begebenheiten, die als sogenannte „Never Events“ eigentlich nicht geschehen dürfen oder sollten. Dazu zählen beispielsweise Eingriffe an der falschen Körperstelle oder falsche Verabreichungswege bei Arzneimitteln.
Welche Herausforderungen gibt es aus Ihrer Sicht bei der Schadenabwicklung – sowohl für den Kunden als auch für Sie als Makler?
Markus Krüger: Eine gute Schadenabwicklung setzt auch immer das Mitwirken der Patientenseite voraus. Bislang war lediglich ein gesteigertes Anspruchsdenken erkennbar. Mittlerweile erleben wir aber auch Tendenzen, dass Patientinnen und Patienten resoluter Vorgehen und zu Mitteln wie Beschuldigungen oder Denunziationen des Krankenhauses oder konkreter Ärzte gegenüber verschiedenen Institutionen greifen oder Veröffentlichungen in Sozialen Netzwerken vornehmen. Damit wird nicht nur die Ebene der Sachlichkeit einer Schadenabwicklung verlassen, auch sind solche Vorgänge nur schwer zu händeln, da keine wesentliche Bereitschaft der Patientenseite zur Lösung erkennbar ist. Aus Sicht des Kunden muss man sich oft gegen Pauschalbehauptungen zur Wehr setzen. Hier ist – neben medizinischem und rechtlichem Fachwissen – vor allem Kommunikations- und Verhandlungsgeschick sowie Schnelligkeit gefragt.
Wie unterstützen Sie Ihre Kunden im Schadenfall konkret?
Natalie Schäfer: Die Ecclesia Gruppe unterstützt ihre Kunden mit einem spezialisierten Schadenservice, der medizinisches Fachwissen mit rechtlicher Expertise und kommunikativer Erfahrung verbindet. Von der ersten Schadenmeldung über die medizinische Begutachtung bis hin zur finalen Haftungsentscheidung stehen wir unseren Kunden zur Seite – analytisch, lösungsorientiert und in enger Abstimmung mit Ihnen als Versicherungsnehmer. Auch komplexe Schadenszenarien begleiten wir strukturiert und effizient, etwa bei Personengroßschäden, Langzeitverläufen oder haftungsrechtlich schwierigen Konstellationen.
Sie setzen auf ein interdisziplinäres Netzwerk. Warum ist das so wichtig?
Yasmin Berkemeier: Heilwesenschäden lassen sich nur gemeinsam lösen. Wir arbeiten eng mit Medizinern, Juristen, Reha-Experten und anderen Fachleuten zusammen, um den Schadenfall ganzheitlich zu analysieren und die bestmögliche Versorgung sicherzustellen. Das Netzwerk schafft Schnelligkeit, Qualität und Verlässlichkeit.
Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht die persönliche Betreuung bei solchen sensiblen Risiken?
Markus Krüger: Das ist ein sehr wichtiger Aspekt, da es nicht nur um menschliche Schicksale geht, sondern am Ende der Mensch der Leidtragende ist.